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Rückkehr in Heimat unmöglich, Aydin fordert bevorzugte Aufnahme
Nach Abwendung eines drohenden US-Militäreinsatzes in Syrien bleibt die Lage der bislang mehr als vier Millionen Binnenflüchtlinge äußerst prekär. Zwei Millionen Menschen haben bereits das Land verlassen und halten sich im Libanon, in der Türkei und Im Irak auf.
Der syrische Bürgerkrieg steuert weiterhin auf eine humanitäre Katastrophe zu: Wirtschaft und Infrastruktur sind längst zusammengebrochen. Den Menschen fehlt es am Nötigsten, nämlich Lebensmittel, Wasser, Strom und Treibstoff. Die Flüchtlingslager in den Nachbarländern sind bereits auf das fünffache überlastet.
In überproportionalem Ausmaß sind in Syrien lebende christliche Familien von
der Gewalt betroffen. Jenseits von Kollateralschäden werden Christen zunehmend
Opfer von gezielter Unterdrückung und Aggressionen einzelner islamistischer
Splittergruppen der Opposition gegen Baschar al-Assad. Vor Ausbruch des
Bürgerkrieges im März 2011 stellten die Angehörigen christlicher Konfessionen
10% der syrischen Gesamtbevölkerung von ca. 20 Millionen.
Der in Wien lebende syrisch-orthodoxe Chorepiskopos Prof. Dr. Aydin erwähnte
im Gespräch mit FOREF Augenzeugenberichte über Gewaltakte von islamistischen
Terroreinheiten gegen christliche Familien sowie Fälle von Zwangskonversion.
Auch einzelne Situationen von entführten Opfern und Lösegeldforderungen sind
ihm bekannt. „Nun werden Christen“, so Dr. Aydin, „zu ‚Freiwild‘ von Terrorgruppen gerade in
jener Region, die als Wiege des Christentums gilt.“ Als eines der ältesten
Minderheiten lebten Christen seit gut 2000 Jahren in Syrien.
Der Sturz von Regimen in Syriens Nachbarschaft während des „Arabischen
Frühlings“ hatte infolge von Radikalisierungen und erhöhter Instabilität massive
Konsequenzen für die Christen des Nahen Ostens und Nordafrikas. Die
christlichen Gemeinschaften im Irak, in Libyen und Ägypten litten enorme
Verfolgungen während und nach den gewaltsamen Regimewechseln. So haben bereits
zwei Drittel der irakischen Christen seit dem Sturz von Saddam Hussein ihre
Heimat verlassen.
Dr. Aydin seine Sorge mit der UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos, dass ein
US-Militärschlag gegen Assad nur zusätzliches Leid für die Zivilbevölkerung mit
sich bringen wird. Darüber hinaus weist er darauf hin, dass ein wenig
durchdachter Angriff zusätzlich auch einen Vorteil für islamistische
Terrorgruppen bieten wird und das Chaos in Syrien unnötig fördern würde.
In der medialen Debatte um einen militärischen
Einsatz gegen Assad wird die Frage nach den christlichen Opfern des
Bürgerkrieges weitgehend ignoriert. Obamas rhetorische Realpolitik ignorierte
völlig die Rücksichtnahme auf christliche Minderheiten des Nahen Ostens, die
für Amerikas politische und wirtschaftliche Interessen kaum relevant sein
dürften.
Der existenzbedrohende Notstand christlicher Flüchtlinge muss aber zu ein
maßgeblicher Faktor westlicher Politik gegenüber Syrien würden. Das betrifft
abseits der Debatte um einen möglichen Militäreinsatz gegen das syrische Regime
vor allem breite humanitäre Hilfestellungen für die Zivilbevölkerung, zu der
die internationale Gemeinschaft einschließlich Österreich aufgefordert ist.
Wie reagierte Europa bisher auf die Flüchtlingswelle aus Syrien? Seit Beginn
des Bürgerkriegs im März 2011 übernehmen Deutschland und Schweden gemeinsam
zwei Drittel aller europäischen Asylanträge von Syrern. Deutschland beschloss
5000 Syrer befristet auf zwei Jahre aufzunehmen im Rahmen eines humanitären
Hilfsprogramms. Am Mittwoch (11.9.2013) sind die ersten der 5000 Flüchtlinge in
der Bundesrepublik gelandet. Die USA verpflichten sich vergleichsweise zur
Asylgewährung von nur 2000 Flüchtlingen.
Auch Außenminister Michael Spindelegger sagte der Einreise von 500 syrischen
Flüchtlingen nach Österreich zu. Allerdings kam es – in der Phase vor der
Nationalratswahl – zur innenpolitischen Debatte um die bevorzugte Aufnahme von
christlichen Flüchtlingen. Aydin zeigte sich besonders empört über die Polemik
von Politikern der SPÖ und der Grünen gegenüber der „unfairen“ Bevorzugung
christlicher Flüchtlinge im Namen einer ideologischen „Gleichbehandlung“. Dies
sei nichts weiter als „billiger Populismus uninformierter Kritiker“, so
Aydin.
Tatsächlich finden christliche Flüchtlinge, darunter zahllose Frauen und
Kinder, in den benachbarten Ländern Syrien wenig Unterstützung. Im benachbarten
Libanon befürchten viele christliche Flüchtlinge, dass ihre zurückgebliebenen
Angehörigen als Verräter des Assad-Regimes verfolgt werden, wenn sie sich offiziell
registrieren lassen würden und erhalten somit keine Plätze in den
Flüchtlingslagern. Der Caritas und den Kirchen werden noch am ehesten Vertrauen
geschenkt, allerdings sind auch deren Kapazitäten längst überstrapaziert.
Christen, die einmal ihre Heimat verlassen haben, zeigen weit weniger
Rückkehrhoffnungen als Angehörige muslimischer Konfessionen.
Aydin befürwortet zudem im Sinne einer effizienten Integration besondere
Berücksichtigung von Verwandten syrischer Familien, die bereits in Österreich leben.
Am Dienstag, den 1. Oktober 2013 kamen die ersten der 500 Österreich
zugeteilten Flüchtlinge in Wien-Schwechat an: Ein christliches Ehepaar mit
seiner 12-jährigen Tochter sowie eine weitere Angehörige.
Was die Zukunft Syriens betrifft, „beten wir für den Frieden. Wir möchten ein demokratisches Syrien in dem alle Völker, Männer und Frauen, gleiche Rechte haben.“
FOREF schließt sich dem Appell Aydins an und fordert die Einstellung der rhetorischen Instrumentalisierung der humanitären Katastrophe in Syrien für ideologisch motivierte Polemik. Jetzt muss gehandelt werden um den Angehörigen der am meisten gefährdeten und verfolgten Opfer des syrischen Bürgerkrieges so schnell und effizient wie möglich zu helfen!
QUELLEN und weiterführende Links:
Kurzbiographie von Chorepiskopos Prof. Dr. Emanuel Aydin
(geb. 1947 in Midiat, Südwest-Türkei), syrisch-orthodoxer Priester:
Dr. Aydin ist General-Sekretär der Orientalisch-Orthodoxen Kirchenkommission und Patriarchatsdelegat für die christlichen Flüchtlinge und Immigranten aus dem Nahen Osten in Europa.
Als Kenner der Situation von Christen und anderer Minderheitengruppen im Nahen Osten wurde Aydin zu einer wichtigen Bezugsperson für Flüchtlinge und amtliche Autoritäten und zum anerkannten Förderer von Integration und kulturellem Austausch. Er ist verheiratet und hat fünf Kinder.
Kontakt: +43/ 664 101 42 64
Email: chori.aydin@gmail.com
ORIGINAL:
Chorepiskopos Prof. Dr. Emanuel Aydin: Bericht und Aufruf / Wien, am 5.9.2013
FLÜCHTLINGSKATASTROPHE SYRIEN
Österreichische Initiative zur Aufnahme von Flüchtlingen sehr begrüßenswert
Bevorzugung von Christen unbedingt erforderlich!
Als Resultat des Zerstörungsprozesses in Syrien und der nicht enden wollenden Gewalteskalation mußten bis heute bereits sechs Millionen Syrer ihre Heimstätten verlassen und sind auf der Flucht – in eine verzweifelte und ungewisse Zukunft. Ein Drittel davon hat das Land bereits verlassen, zwei Drittel irren im Land umher, in ständiger Angst vor den Schrecken des nächsten Tages. Weit mehr als eineinhalb Millionen, über fünfundzwanzig Prozent der Flüchtlinge, sind Christen - das ist der überwiegende Teil der christlichen Minderheit in Syrien. Christen sind deshalb in weitaus überproportionalem Ausmaß betroffen, weil sie – zum Unterschied von den meisten anderen Flüchtlingen – nicht einfach „nur“ Opfer blinder, sondern ganz gezielter, fanatischer Gewalt sind.
Das macht das Leid für die nichtchristlichen Flüchtlinge nicht geringer. Aber es bürdet uns in Europa die Verpflichtung auf, in der Aufnahmepolitik gegenüber syrischen Flüchtlingen bewußt differenziert vorzugehen.
Ich begrüße mit Nachdruck die Entscheidung der österreichischen Bundesregierung und die bereits getroffene Zusage der Frau Innenministerin, in einer ersten großzügigen Maßnahme 500 syrische Flüchtlinge in Österreich aufzunehmen und dabei die christlichen Opfer zu bevorzugen. Umso mehr bin ich empört über die öffentlichen Äußerungen uninformierter Kritiker, die sich mit polemischen Worten dagegen wenden, ausschließlich christliche Familien nach Österreich zu holen. Ihr Ruf nach „Gleichbehandlung“ muslimischer Flüchtlinge ist billiger Populismus und geht ins Leere.
Im Falle von Naturkatastrophen, Krieg, Bürgerkrieg oder flächendeckendem Terror helfen westliche Organisationen wie Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz und andere, traditioneller Weise überall auf der Welt und ohne ansehen der Religion oder ethnischen Zugehörigkeit der Opfer.
Obwohl davon auch zahllose moslemische Menschen profitieren, wurde keine der genannten Organisationen bis zum heutigen Tag je von einem islamischen Staat oder einem der zahllosen reichen arabischen Erdöl-Magnaten unterstützt.
Besonders zu beachten ist, dass moslemische Flüchtlinge aus Syrien überall in der Region des Nahen Ostens bzw. in der „Nachbarschaft“ - auch im maronitischen Libanon, in den Golfstaaten und nicht zuletzt in der Türkei – Schutz und Aufnahme finden bzw. finden können – Gott sei Dank! Moslemische Flüchtlinge finden auch Unterstützung und Hilfe von den wohlhabenden Erdöl-Ländern und den islamischen Hilfsfonds.
All das trifft für die Christen des Nahen Ostens genau nicht zu. Sie sind buchstäblich in verzweifelter Hilf-Losigkeit und nicht selten „Freiwild“ in einer Region, die dereinst die Wiege des Christentums war. Ihre Zuflucht kann daher derzeit nur im Westen sein!
Ich rufe daher die Bundesregierung auf, ihre Zusage, die Aufnahme syrischer Flüchtlinge auf Christen zu beschränken, rasch umzusetzen. Aus Gründen der effektiven Integration sollten dabei besonders die Verwandten von syrischen Familien bevorzugt werden, die bereits in Österreich ansässig sind. Ich bitte die österreichische Bevölkerung um Unterstützung dieses humanitären Großprojektes.
Chorepiskopos Prof. Dr. Emanuel Aydin
in der Funktion des Metropolit-Assistenten für die Flüchtlinge aus dem Nahen Osten
Kontakt: 0664/101 42 54