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"IAGÖ" Pressekonferenz Photo: FOREF Europa
WIEN/Parlamentsgebäude 22.12.2010
- Mit einer Pressekonferenz stellte sich
der Vorstand der "IAGÖ" (Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft
in Österreich) der Öffentlichkeit vor. Anlass war ihre langersehnte
staatliche Anerkennung als Religionsgemeinschaft. Laut Schätzungen leben
hierzulande rund 60 000 Aleviten - die Hälfte davon in Wien.
Es war eine Pressekonferenz der
etwas anderen Art. Sie diente nicht bloß der Weitergabe von relevanten
Informationen. Als Einleitung sang der "Dede" (geistiger Führer) ein sakrales
Lied. Es war eine Siegesfeier und gewissermaßen auch ein Festakt.
Gefeiert wurde ihre Unabhängigkeit von Anas Shakfeh und der Islamischen
Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGIÖ), von der sich die Aleviten angeblich
weder als Muslime akzeptiert, noch vertreten fühlten.
Riza Sari, Vorstandsmitglied & Pressesprecher der Wiener Aleviten der
das Programm moderierte, konnte seine Freude über den neu gewonnenen Status seiner Glaubensgemeinschaft
nicht verbergen. Laut Cengiz Duran, Mitorganisator der "IAGÖ"
Plattform, "kann diese Anerkennung sogar für viele andere EU Länder eine
Vorbildwirkung haben, da die alevitischen Glaubensbrüder- und
Schwestern dort in einer ähnlichen Situation sind". "Diese Nachricht
hat sich blitzschnell verbreitet und wir bekommen aus vielen Ländern Anfragen um
Rat und Unterstützung."
Für Rüdiger Lohlker, Islamwissenschafter an der Uni Wien, ist es eine
"kleine Revolution" - geeignet, den "sonst monolithischen"
Blick auf den Islam in Europa "ein wenig auszudifferenzieren".
Lohlker meint: "Mit der Anerkennung der Islamisch-Alevitischen
Glaubensgemeinschaft als religiöse "Bekenntnisgemeinschaft" durch das
Kulturministerium vor einer Woche macht Österreich ein bisschen
Geschichte" (PZ).
HINTERGRUND:
Es leben mehr als 60 000 Anhänger des alevitischen Islam in Österreich. In Europa gibt es rund 2 Millionen. In der Türkei etwa 23 Millionen und weltweit ca. 80 Millionen Anhänger des alevitischen Islam.
Laut einer Studie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften werden im Jahr 2051 zwischen ein & zwei Millionen Muslime leben; das sind 14 bis 25 Prozent der österreichischen Gesamtbevölkerung. Davon werden rund 200 000 Anhänger des alevitischen Islam sein.
Die Aleviten befürworten die Trennung von Staat und Religion (Laizismus), keine Polygamie, die Gleichberechtigung der Frauen. Frauen und Männer beten gemeinsam.
Aleviten wurden als Bekenntnisgemeinschaft staatlich anerkannt.
Sie gelten nun als islamische Konfession, nicht als eigene Religion.
Wien. Einen
schon lange herbeigesehnten Etappensieg konnten nun die Wiener Aleviten
in ihrem Bemühen um Anerkennung als eigene islamische
Religionsgemeinschaft erringen. Das Kultusamt im Bildungsministerium,
das sich um alle staatlichen religionsrechtlichen Vorschriften kümmert,
hat die "Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich" in
dieser Woche als eigene Bekenntnisgemeinschaft registriert.
"Wir danken dem wunderschönen Land Österreich, den Aleviten die Ausübung ihrer Religionsfreiheit ermöglicht zu haben", zeigte sich Riza Sari, Pressesprecher der Wiener Aleviten, hocherfreut. "Diese Anerkennung ist einzigartig. Österreich übernimmt hier wieder eine Vorreiterrolle."
Trotz der Freude birgt die Entscheidung auch Konfliktpotenzial, und das liegt in dem Wörtchen "islamisch": Denn damit sind die Aleviten für den österreichischen Rechtsstaat nun keine eigenständige Religion, sondern eine Konfession des Islam. Dass die Aleviten zum Islam gehören, hat die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) bisher energisch bestritten. Als das Kultusamt die IGGiÖ zu einer Stellungnahme aufforderte, erklärte die heimische Islamvertretung, sie sehe "in dem Antrag eine unzulässige grobe Einmischung in die inneren Angelegenheiten der IGGiÖ" und erhebe "deswegen Einspruch gegen eine positive Erledigung des Antrags". Und: Das Alevitentum vertrete "eine Glaubenstheologie, die der islamischen Glaubenstheologie diametral entgegensteht."
Darauf angesprochen meint nun IGGiÖ-Präsident Anas Schakfeh: "Es geht uns nicht um Kritik, sondern um eine Feststellung. Theologisch gesehen besteht zwischen uns und den Aleviten ein gravierender Unterschied." Die Aleviten hätten etwa nicht die fünf islamischen Grundpflichten Glaubensbekenntnis, Fasten, Pilgerreise, Gebet und Spende ("Zakat"), und auch das Menschenbild sei ganz anders: Wegen der Ewigkeit der Seele glauben Aleviten an die Wiedergeburt des Menschen in einem anderen Körper. "Wir nehmen die Entscheidung des Kultusamts zur Kenntnis", betont Schakefh. "Der Staat ist neutral. Angehörige einer Glaubensgemeinschaft können sich bezeichnen, wie sie wollen. Aber die Unterschiede bleiben bestehen." Die IGGiÖ-Sprecherin Carla Amina Baghajati bezeichnet die Aleviten als "synkretistische Religion". Auch die Kirchen hätten etwas dagegen, wenn sich eine andere Glaubensgemeinschaft als christlich bezeichnen würde.
Wann ist man Muslim?
"Jeder Mensch, der an Gott glaubt, Mohammed als Prophet und den Koran als heiliges Buch anerkennt, ist ein Muslim", entgegnet Sari. "Es gibt keine Institution im Islam, die jemandem verbieten kann, sich Muslim zu nennen." Der Hauptunterschied zum sunnitischen und schiitischen Islam sei, dass der Koran ein Religionsbuch sei, kein Gesetzesbuch, und dass das Gebet – es findet in einem Cem-Haus statt, nicht in einer Moschee – von Männern und Frauen ohne Geschlechtertrennung abgehalten werde.
Unterstützung für diese Sichtweise bekommt Sari sogar aus den Reihen der IGGiÖ: Fuat Sanac, Fachinspektor für islamischen Religionsunterricht, erklärt: "Wir können nicht bestimmen, ob jemand Muslim ist oder nicht. Wenn jemand sagt ‚Ich bin Muslim‘, dann ist er einer."
Doch – so paradox das ist – auch innerhalb der Aleviten könnte die Entscheidung noch für Streit sorgen. Denn auch hier sind sich nicht alle einig, ob sie nun Muslime sind oder nicht. "Allgemein ist es natürlich begrüßenswert, dass das Alevitentum zum ersten Mal anerkannt wird", betont Deniz Karabulut von der Alevitischen Föderation. Freilich hat auch die Föderation einen Antrag auf Bekenntnisgemeinschaft eingebracht, und der hat auf das Adjektiv "islamisch" verzichtet. Dieser Antrag dürfte nun höchstwahrscheinlich abgelehnt werden. "Es wird eine gemeinsame alevitische Sitzung geben", berichtet Karabulut. "Dabei wird sich entscheiden, ob wir einen Kompromiss finden oder getrennte Wege gehen." Im zweiten Fall, würde die Föderation die Entscheidung beim Verfassungsgerichtshof anfechten.
Die Aleviten sind vom österreichischen Kultusamt als
eigene religiöse Bekenntnisgemeinschaft anerkannt worden. Damit gehen
die Aleviten und die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich
(IGGiÖ) ab sofort getrennte Wege. Zudem können sie jetzt einen Antrag
stellen, um als Religionsgesellschaft anerkannt zu werden und damit
rechtlich auf eine Stufe mit den großen Kirchen, Kultusgemeinde,
Mormonen und Zeugen Jehovas gestellt zu werden. Eine Frist von zehn
Jahren, ehe eine Bekenntnisgemeinschaft einen solchen Antrag stellen
kann, wurde kürzlich vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) gekippt.
Damit folgen die Aleviten dem Beispiel Deutschlands, wo die Organisation
AABF (Almanya Alevi Birlikleri Federasyonu) in den wichtigesten
Bundesländern mittlerweile eigenständige Relgionsgemeinschaft ist und
einen ähnliche Weg beschritten hat. Unverständnis erzeugt lediglich,
dass diese Organsiation gleichzeitig darauf beharrt, dass sie weiter an
der Deutschen Islamkonferenz und ähnlichen staatlichen Kreisen
teilnhemen möchte, obgleich sie sich selber nicht mehr zum Islam
dazugehörig erklärt.
Das österreichische Kultusamt, das im Bildungsministerium angesiedelt
ist, hat mit seiner Entscheidung einem Einwand des VfGH Folge geleistet:
Zunächst hatte das Kultusamt den Antrag der Aleviten abgelehnt, weil im
Islamgesetz nicht mehrere muslimische Religionsgesellschaften
vorgesehen seien. Der VfGH hatte diese Argumentation allerdings als
nicht der Verfassung entsprechend zurückgewiesen und festgehalten, es
stehe nirgendwo in den österreichischen Gesetzen, dass es nur eine
einzige islamische Bekenntnisgemeinschaft geben dürfe. Deshalb musste
sich das Kultusamt nochmals mit dem Antrag der Aleviten befassen. In dem
zweiten Verfahren hätten die Aleviten nun die Unterschiede in den
Glaubenslehren dargelegt, erläuterte das Bildungsministerium.
Wien
- Für Rüdiger Lohlker, Islamwissenschafter an der Uni Wien, ist es eine
"kleine Revolution" - geeignet, den "sonst monolithischen" Blick auf
den Islam in Europa "ein wenig auszudifferenzieren". Mit der Anerkennung
der Islamisch-Alevitischen Glaubensgemeinschaft als religiöse
"Bekenntnisgemeinschaft" durch das Kulturministerium vor einer Woche
"macht Österreich ein bisschen Geschichte", meint er.
Keine Alleinvertretung mehr
Denn die Aleviten - Angehörige einer im 13. und 14. Jahrhundert in Anatolien entstandenen Religionsgemeinschaft, die Mann und Frau als gleichberechtigt ansieht, zum Teil säkulare Züge aufweist und in der Türkei Einschränkungen ausgesetzt ist - sind nunmehr die zweite in Österreich staatlich anerkannte muslimische Glaubensrichtung: Die von Anas Shakfeh geleitete Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGIÖ) ist nicht mehr alleinvertretend.
Er sei "dem österreichischen Staat unendlich dankbar", meint dazu Sari Riza, Sprecher des Wiener Alevitischen Kulturvereins. Dessen Beschwerde hatte der Verfassungsgerichtshof vor zwei Wochen stattgegeben: Das in Österreich seit 1912 geltende Islamgesetz - das den Islam wie sonst nirgendwo anders in der westlichen Welt staatlich anerkennt - schließe Vielfalt nicht aus.
"Nehmen das zur Kenntnis"
"Wir nehmen das zur Kenntnis", meint dazu IGGIÖ-Integrationssprecher Omar Al-Rawi. Die IGGIÖ habe sich "immer dafür eingesetzt, die Aleviten als eigene Religion anzuerkennen - "aber als nichtislamische".
Alevitensprecher Riza hingegen sinnt nach der Umsetzung des Höchstrichterspruchs durchs Ministerium nach mehr: Wenn es schon keinen interkonfessionellen Ethikunterricht gebe, "der wohl die beste Lösung für alle wäre", sollten "alevitische Kinder in der Schule zumindest alevitischen Religionsunterricht besuchen. Einen Unterricht durch in Österreich ausgebildete Lehrer, der ausschließlich auf Deutsch gehalten wird", sagt er.
Warten auf Religionsunterricht
Zu lange habe der alevitische Nachwuchs, sofern er als muslimisch
deklariert war, den - aufgrund von Zitaten aus dem Koran - zum Teil auf
Arabisch gehaltenen IGGIÖ-Religionsunterricht besucht, meint Riza - oder
eben gar keinen. Doch bis in Schulen eigene Religionslehrer den Glauben
der geschätzten 50.000 bis 60.000 Aleviten in Österreich vermitteln,
wird es laut einer Kulturministeriumssprecherin noch dauern: "Erst muss
ein Antrag auf Anerkennung als eigene Religionsgemeinschaft gestellt -
und dieser positiv beschieden - werden."
(Irene Brickner, DER STANDARD
Printausgabe 21.12.2010)
Wien, 21.12.2010 (KAP) Seit knapp einer Woche ist es offiziell: die österreichischen Aleviten sind vom Kultusamt im Bildungsministerium als religiöse Bekenntnisgemeinschaft mit der Bezeichnung "Islamisch Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IAGÖ)" anerkannt worden. Die Anerkennung setzt damit zugleich einen vorläufigen Endpunkt unter ein langwieriges Verfahren, das sowohl auf rechtlicher Seite mit der Befassung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH)) als auch unter den Aleviten, die in sich gespalten sind, für Aufsehen sorgte.
Die Anerkennung als Bekenntnisgemeinschaft stellt für die laut Schätzungen rund 60.000 Aleviten in Österreich einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur vollen Anerkennung als eigene Religionsgesellschaschaft dar. Außerdem bilden die Aleviten von nun an eine eigene Konfession, d.h. bei der Angabe ihres Religionsbekenntnisses in offiziellen Dokumenten und Formularen können sie sich nun als islamische Aleviten deklarieren und müssen nicht Muslime oder "ohne Bekenntnis" angeben. Das Recht, eigenen Religionsunterricht zu erteilen, ist hingegen an die Anerkennung als Religionsgesellschaft gebunden.
Dem Anerkennungsverfahren ging zum einen ein interner Streit unter den Aleviten voraus, zum anderen die Aufsehen erregende Aufhebung eines ablehnenden Bescheids des Kultusministeriums durch den Verfassungsgerichtshof. Über einen längeren Zeitraum lagen bereits zwei Anträge auf Anerkennung als Bekenntnisgemeinschaft im Ministerium vor: ein Antrag des "Kulturvereins der Aleviten in Wien", die als "Islamisch-Alevitische Glaubensgemeinschaft" anerkannt werden wollten; ein weiterer Antrag lag von Seiten der "Förderation der Aleviten-Gemeinden in Österreich" vor, der ausdrücklich nicht das Wort "islamisch" enthielt. Die nunmehrige Anerkennung fußt auf dem Antrag des "Kulturvereins der Aleviten in Wien".
Juristisch wurde der Weg freigeräumt durch ein Urteil des VfGH von Anfang Dezember, mit dem die Ablehnung des Antrags des Aleviten-Kulturvereins vom Ministerium wiederum mit der Feststellung widerrufen wurde, "dass die Vorgangsweise der Bundesministerin nicht der Verfassung entspricht". Das Kultusministerium hatte den Antrag mit der Begründung abgewiesen, in Österreich gebe es bereits die "Islamische Glaubensgemeinschaft". Eine weitere Gemeinschaft von Anhängern des Islam könne daher nicht bestehen. Der VfGH hingegen stellte fest, dass "nirgends in den einschlägigen österreichischen Gesetzen steht, dass es nur eine einzige islamische Religions- bzw. Bekenntnisgemeinschaft geben darf. Im Gegenteil: Eine solche Ansicht verletzt den Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Recht auf Religionsfreiheit)", wie es in einer Presserklärung des VfGH hieß.
VfGH kippte auch Wartefrist für volle Anerkennung
Durch ein weiteres Erkenntnis des VfGH scheint der Weg der "Islamisch Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IAGÖ)" hin zur vollen Anerkennung als Religionsgesellschaft mit öffentlich-rechtlichem Rechtsstatuts und der Möglichkeit zum Religionsunterricht an öffentlichen Schulen rasch erreichbar. Denn vor kurzem hatte der VfGH anlässlich einer Klage durch den "Bund Evangelikaler Gemeinden" und die "Mennonitische Freikirche" die Wartefristen für die staatliche Anerkennung von Religionsgemeinschaften aufgehoben.Bislang musste eine Glaubensgemeinschaft ohne Ausnahme 20 Jahre lang ihre Religion ausüben und seit zehn Jahren als religiöse Bekenntnisgemeinschaft registriert sein, bis sie in Österreich als Religionsgemeinschaft staatlich anerkannt werden kann. Diese Bestimmung hat das Höchstgericht in einem kürzlich veröffentlichten Erkenntnis als verfassungswidrig aufgehoben und dem Gesetzgeber eine Reparaturmöglichkeit bis zum 30. September 2011 eingeräumt.
Interner Streit: Zurückhaltende Reaktionen
Mit Zurückhaltung reagierte indes die "Förderation der Aleviten-Gemeinden in Österreich" auf die Anerkennung des "Kulturvereins der Aleviten in Wien" als Bekenntnisgemeinschaft. Der Aleviten-Kulturverein vertrete "weder alle Aleviten in Österreich, noch alle im Bundesland Wien", denn vertretungsberechtigt sei ausschließlich die Föderation. Außerdem proklamiere die nunmehrige Eintragung als "Islamisch Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich" das Alevitentum als "eine weitere islamische Konfession", womit jedoch die "Eigenständigkeit der alevitischen Glaubenslehre verleugnet" werde, hieß es in einer Presserklärung der Föderation.
Hinsichtlich der Anerkennung der Aleviten sind aber auch rechtlich noch nicht alle Fragen geklärt: Die Entscheidung des Kultusamtes über den von der "Förderation der Aleviten-Gemeinden in Österreich" eingebrachten Antrag um Anerkennung als religiöse Bekenntnisgemeinschaft steht weiterhin aus.Hinter der Doppelstruktur der Aleviten in Österreich steht ein langer Streit um das religiös-theologische Verhältnis zum Islam und entsprechend zur Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ). Dem Kulturverein ging es mit seinem Antrag auf Anerkennung um die bewusste Abgrenzung von der IGGiÖ, in der sich die Aleviten nicht vertreten sehen. Eine Tatsache übrigens, die auf Gegenseitigkeit beruht, da die Aleviten mit ihrer stärker laizistischen Grundeinstellung zum Islam und ihren zum Teil eigenen kulturellen Traditionen von der IGGiÖ nicht als Muslime gesehen werden, wie IGGiÖ-Präsident Anas Schakfeh mehrfach betont hatte.
Nicht einmal die fünf Säulen des Islam (Glaubensbekenntnis, Gebet, Pilgerfahrt nach Mekka, Fasten, Almosensteuer) werden von den Aleviten zur Gänze geteilt. Sie haben auch keine Moscheen und Imame und kennen keine Kopftücher für Frauen. Das Alevitentum hat einen eigenen Jahreskalender mit eigenen Festen, der islamische Fastenmonat Ramadan fällt ebenso weg wie die "Hadsch" (Pilgerreise nach Mekka). Auch die Scharia - den islamischen Rechtskanon - kennen die Aleviten nicht, dafür betonen sie die Trennung von Staat und Religion. Die Sunna - die Überlieferung der Handlungen Mohammeds - hat für sie keine Bedeutung.Letztlich sind es daher auch diese tiefen Gräben in Glaubensfragen zwischen der IGGiÖ und den Aleviten, die die IGGiÖ dazu veranlasste, den Aleviten ihre Unterstützung bei ihrem Anerkennungsantrag zuzusagen - allerdings nicht als eigene Religionsgemeinschaft, sondern - wie nun geschehen - zunächst nur als eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft, da es sich beim Alevitentum "offensichtlich um eine selbstständige, anatolische, vom Weltislam weitestgehend unabhängige Glaubensrichtung" handle, wie es in der Presseaussendung der IGGiÖ aus dem Vorjahr hieß. Eine juristische klare Trennung könne für alle Beteiligten nur vorteilhaft sein, so die IGGiÖ damals.
Geschätzte 60.000 Aleviten leben heute in Österreich, fast die Hälfte davon in Wien. In Europa gibt es rund zwei Millionen, in der Türkei etwa 23 Millionen und weltweit etwa 80 Millionen Aleviten.
Auswirkungen dieser Entscheidung auf Österreich, EU, Türkei, und die künftige Tätigkeit der IAGÖ.
Mittwoch, 22. Dezember 2010, 10 Uhr
Presseclub Concordia, 1010 Wien, Parlament Haupteingang
Vorstandsbeschluss vom 21.12.2010 des Kulturverein von Aleviten in Wien und der IAGÖ auf Grund der nachfolgend beschriebenen Sach- und Rechtslage:
Mit Bescheid vom 16.12.2010 (BMUKK-12.056/0005-KA/2010) stellte das Kultusamt fest:
„Auf Grund des Antrages (vom 19. März 2009, eingelangt am 23. März 2009 beim Kultusamt) des Kulturvereins der Aleviten in Wien, vertreten durch Obmann Kazim GÜLFIRAT, auf Erwerb der Rechtspersönlichkeit als „Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IAGÖ)“ gemäß § 2 des Bundesgesetzes über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften (BekGG), BGBI. I Nr. 19/1998, ergeht nachstehender
SPRUCH:
Die religiöse Bekenntnisgemeinschaft „Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich“ hat mit Wirksamkeit vom 13. Dezember 2010 gemäß § 2 Abs. 1 BekGG Rechtspersönlichkeit erworben. Sie ist daher berechtigt, sich als „staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft“ zu bezeichnen.
Das nach außen vertretungsbefugte Organ (§ 2 Abs. 3 BekGG) ist der Bundesvorsitzende.“
Der Vorstand des Kulturverein von Aleviten in Wien und IAGÖ fassen daher folgenden Beschluss:
Da durch den Bescheid des Kultusamtes vom 16.12.2010, zugestellt am 20.12.2010, die religiöse Bekenntnisgemeinschaft „Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich“ (IAGÖ) mit Wirksamkeit vom 13. Dezember 2010 genehmigt und eine völlig neue eigenständige Rechtspersönlichkeit erworben hat, erlischt im Sinne der österreichischen Rechtsordnung ex lege mit sofortiger Wirkung und Datum vom 13. Dezember 2010 die Mitgliedschaft des Kulturverein von Aleviten in Wien (und der IAGÖ) in der „Föderation der Aleviten Gemeinden in Österreich (AABF)“.
Aus formalen Gründen fassen der Vorstand des Kulturverein von Aleviten in Wien (ad personam IAGÖ) und die IAGÖ darüber hinaus im Sinne der ständigen Rechtsprechung den einstimmigen Beschluss aus dem Dachverband der Föderation der Aleviten Gemeinden in Österreich (AABF) mit Datum 13. Dez. 2010 auszutreten, obwohl dies ex lege bereits stattgefunden hat und die IAGÖ rechtlich nie Mitglied der AABF war.
Die AABF hat keine Vertretungsbefugnis für den Kulturverein von Aleviten in Wien und die IAGÖ. Darüber hinaus wird zur Kenntnis genommen, dass der Antrag vom 9. April 2009 der AABF auf Anerkennung der „Alevitische Religionsgesellschaft in Österreich“ mit Bescheid des Kultusamtes vom 17.12.2010 abgewiesen worden ist.
Der Antrag vom 19. März 2009 des Kulturverein von Aleviten in Wien und die Gründung der „Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich“ (IAGÖ) wurde von allen religiösen Führern (Dede und Anas) der 60.000 Aleviten in Österreich unterstützt.
Aus allen diesen Gründen ist die IAGÖ die einzige legitime Vertretung aller 60.000 Aleviten in Österreich.
IAGÖ
Kulturverein von Aleviten in Wien
+43 (0) 676 387 23 01
info@aleviten.at, www.iagoe.at
www.aleviten.at
FOREF Europa: Digitale Pressemappe (APA)